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Kirche in WDR 5 | 08.05.2024 | 06:55 Uhr

Kriegsende

Guten Morgen!

Heute ist Mittwoch, der 8. Mai. Jahrestag des Kriegsendes 1945. Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker hatte diesen Tag in seiner berühmten Rede vierzig Jahre nach Kriegsende 1985 einen „Tag der Befreiung“[1] genannt. Und es stimmt: Befreit von der Diktatur des Bösen, befreit vom deutschen Größenwahn, von dem schleichenden Gift der Demagogie und grenzenlosen Verirrung. Wir Deutschen müssen die Erschütterung aushalten angesichts der Millionen Toten in den Lagern wie Auschwitz und auf den Schlachtfeldern, angesichts des Elends von Flucht und Vertreibung, angesichts der Verzweiflung all derer, die vor den Trümmern ihrer Existenz standen. Aber es war auch ein Neubeginn, Befreiung zu einem neuen Miteinander, das gegründet wurde auf der unantastbaren Würde eines jeden Menschen, die Verpflichtung, dem Wohl aller zu dienen, besonders den Schwachen und Wehrlosen.

Doch der lange Schatten des Krieges wirkt noch nach, bis heute. Erst wenige Wochen vor seinem Tod konnte ich mit meinem Vater erstmals über seine Kriegserlebnisse sprechen; das Grauen stand noch nach Jahrzehnten in seinen Augen. Die zwangsweise Rekrutierung in jungen Jahren. Dann das zweifelhafte Glück: Mein Vater erkrankte schon gleich zu Beginn des Feldzugs und musste nicht an die Front. Von seiner damaligen Einheit kam keiner zurück. Später als Sanitäter: ein verwundeter Soldat, fast noch ein Kind, wurde bei meinem Vater abgelegt. Eine erschütternde Szene: der Kopf des Verwundeten war an seine Brust gelegt und er presste die Hand auf die Wunde. Beide allein, eine kleine Ewigkeit, ehe das Leben des Jungen langsam erlosch. Ein Bild, das mein Vater nach all den Jahren noch immer in sich trug. „Mein Bruder“, sagte er leise mit tränenerstickter Stimme. „Ich sehe ihn noch vor mir. Jeden Tag.“ Seit über achtzig Jahren.

Ein Einzelschicksal, mag man sagen, wie es sich seitdem millionenfach immer wieder zuträgt, aktuell in Gaza und in der Ukraine, im Sudan und Myanmar und überall, wo Menschen Opfer von Gewalt und Terror werden.

In jüngster Zeit ist immer wieder zu hören: „Nie wieder ist jetzt!“ Das stimmt! Es gilt daher hinzuschauen und nicht wegzuschauen angesichts nationalistischer Pöbeleien, antisemitischer Ausschreitungen und dem Aufflackern menschenverachtender Ideologien. Oder, um es noch einmal mit den Worten des früheren Bundespräsidenten zu sagen: „Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.“[2]

Im Nachlass meines Vaters fand ich ein Gedicht. Ich weiß nicht, wann er es aufgeschrieben hat und wie oft er es kommemoriert, sich wieder und wieder in Erinnerung gerufen hat. Ein Gedicht, das doch im Grunde ein Gebet ist, überschrieben: „Mein Traum.“


Sprecher:

Ich geh‘ durch alle Türen,

verweil in jedem Raum.

Die Gnade wird mich führen,

verknüpft mit einem Traum.


Ein Schwert durchbricht die Klagen,

zurück lehnt sich der Schmerz.

Die Zeit umschließt die Narben,

verwundbar bleibt das Herz.


Im Netz der Zeit fragt das ICH.

War es gut oder schlecht, das Leben?

Ich denke nach; ich weiß es nicht.

In Gottes Hand will ich das Urteil legen.


Ich bin Peter Klasvogt. Kommen Sie gut durch den heutigen Tag!


[1] Richard von Weizsäcker, Rede zur Beendigung des Krieges am 8. Mai 1985, zitiert nach: https://www.tagesschau.de/inland/rede-vonweizsaecker-wortlaut-101.html

[2] Ebd.

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